Auf dem Weg zu einer neuen institutionellen Technologiefolgenabschätzung. TA in der Wallonie

Seit den offensiven Flämischen Technologie-Förderprogrammen in den achtziger Jahren, hat sich der technologische Graben zwischen dem Norden Belgiens und der von Deindustrialisierung stark betroffenen Wallonie weiter entwickelt. Hinzu kommt, dass Flandern im Jahre 2000 eine para-parlamentarische TA Institution eingeführt hat. Ein solches Unterfangen befand sich bis vor kurzem nicht auf der politischen Agenda der Wallonischen Entscheidungsträger.
Zwischen 1994 und 2002 missglückte ein erstes TA Experiment, das sich sehr stark an das Baden-Württembergische Regional-TA Modell anlehnte. Zu diesem Zeitpunkt waren die Wallonischen Institutionen noch sehr jung und vor allem mit der Staatsreform befasst. Außerdem war das Interesse der traditionellen Sozialpartner (sprich Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände) für TA nur bedingt vorhanden und der Bezug zur parlamentarischen Arbeit sehr begrenzt.
Wir werden historisch nachverfolgen, wie es zu einer gemeinsamen Regierungserklärung des sozialistischen Ministers für Wirtschaft, Kleinunternehmen, Außenhandel und Neue Technologien sowie Hochschulwesen Jean-Claude Marcourt und des Grünen-Ministers für nachhaltige Entwicklung, öffentliche Ämter, Energie, Wohnungswesen und Forschung Jean-Marc Nollet kam, welche die Gründung eines Instituts für TA vorsieht. Diese ist teilweise zurückzuführen auf eine prospektive Aktionsforschung an der Universität Lüttich aus dem Jahr 2008 die ein weites Spektrum von Innovationsakteuren zu ihrer Haltung gegenüber institutionalisierter TA in der Wallonie befragt hat. Bei der Vorstellung dieser Studie, haben sich eine Reihe von Regionalabgeordneten für die Schaffung eines Instituts für TA ausgesprochen und wenig später eine parlamentarische Resolution verabschiedet.
Wir werden auf die organisatorischen und programmatischen Aspekte, wie sie in den Regierungsplänen vorgesehen sind, eingehen. Die Originalität des Wallonischen Projekts ist u.a. der besondere Fokus auf wirtschaftliche Missionen. Mit dem ökonomischen Sektor als Adressaten soll u.a. die Wallonische Wirtschaft in strategischen Technologiebereichen unterstützt werden. Dabei wird viel Hoffnung in das Management von sozial-technologischen Kontroversen und in Wissenschaftskommunikation gesteckt. Neu ist auch der Ansatz, die Tradition der belgischen Sozialkonsultation auf gewisse Stakeholder-Gruppen auszuweiten und die Ambition partizipatorische Methoden zu nutzen, die im Wallonischen Kontext noch wenig verbreitet sind.
Das aktuelle Projekt ist jedoch nicht frei von gegenwärtigen politischen Spannungen. Diese hängen sehr stark von parteipolitischen Ansichten sowie unterschiedlichen Positionen der zuständigen Ministerkabinette zur Staatsreform ab.
Ferner gilt es auf die Eigenheiten eines solchen Instituts einzugehen und dessen formelle und informelle Adressaten sowie die Verbindung zu weiteren wissenschaftlichen, politischen und administrativen sowie zivilgesellschaftlichen Akteuren zu erläutern. Zuletzt werden wir auf die Besonderheiten der belgischen politischen Institutionen eingehen um besondere Risiken und Herausforderungen einer jungen TA Institution zu skizzieren.