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Abstract :
[de] Der Florentiner Humanist und Philologe Girolamo Mei (1519-1594) spielte eine wichtige Rolle bei der Wiederentdeckung griechischer Musiktheorien während der Renaissance. In seiner Abhandlung De modis musicis antiquorum versucht Mei, die Geschichte der griechischen musikalischen „Modi“ nachzuzeichnen. Sein zugrunde liegendes Ziel ist es zu zeigen, dass die Musiker seiner Zeit das alte musikalische Erbe korrumpiert haben. Mei verteidigt vehement die These von der einstimmigen alten Musik, die beim Zuhörer „wunderbare Wirkungen“ hervorrufen kann, die die moderne Polyphonie nicht nachzubilden vermag. Diese These wird im Florentiner Kreis der Camerata de' Bardi weite Verbreitung finden und einen entscheidenden Einfluss auf die musikalische Revolution haben, die in Italien an der Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert begann.
Diese Präsentation will die Transformationsprozesse aus einem doppelten Blickwinkel begreifen. Im ersten Teil wird untersucht, wie antike Musiktheorien Meis ästhetische Vorstellungen beeinflussten. Wir werden versuchen, die Dynamik einer ersten Zäsur zu verstehen, zwischen der modernen Polyphonie, deren Dekonstruktion Mei beginnt, und der antiken Monodie, die Mei gedanklich rekonstruiert und idealisiert. Die aus diesem Bruch resultierende Mutation ist in diesem Stadium rein kognitiver Ordnung.
Der zweite Teil wird es uns dann ermöglichen, die „aktive“ Seite dieser Mutation, die von den Musikern der Camerata de’ Bardi betrieben wird, genauer zu hinterfragen. Wir werden den Prozess untersuchen, der es ermöglichte, die theoretische Idee einer „antiken Monodie“ in eine praktische Konkretisierung von „antiken Monodien“ unter den damaligen Komponisten umzuwandeln. Als Ort der Übergänge und Weitergabe von Wissen kann die Camerata de’ Bardi auch als ein Ort der Transformation von Wissen betrachtet werden, an dem sich Musiktheorie und -praxis in einer Dynamik der Interdependenz gegenseitig aktualisieren konnten. Auf erkenntnistheoretischer und methodologischer Ebene lässt sich diese zweite Zäsur zwischen einem theoretischen Diskurs über Musik und einer gestalterischen Geste dann als Neuanfang, als der einer antiken Monodie im Aufbau verstehen.