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Abstract :
[de] Die deutsche „Westforschung“ zwischen Weimar und Bonn: Kontinuitäten und Brüche am Beispiel der Biographie von Franz Thedieck
Vorstellung des Post-Dok-Projekts in der transnationalen Doktorandenschule – Saarbrücken 26.-27.11.2009 – Dr. Christoph Brüll (FNRS-ULg)
Für jene Wissenschaftler und Funktionäre, die im Rahmen der deutschen „Westforschung“ ihre Energie und Kompetenz in den Dienst politischer Aspirationen einer deutschen Hegemonie gestellt hatten und damit dazu beitrugen, aus den Geisteswissenschaften „Legitimationswissenschaften“ (Peter Schöttler) zu machen, bedeutete das Ende der deutschen Besatzungsherrschaft auch eine biographische Zäsur.
Anhand eines plurimethodischen Ansatzes aus Politik-, Mentalitäts-, Institutionen- und Wissenschaftsgeschichte werden die Strategien dieser Universitätsforscher und Karrierebeamten analysiert, in der direkten Nachkriegszeit die Entnazifizierung zu überstehen, alte Netzwerke an die neuen Zeiten anzupassen und Diskurse dem neuen Umfeld der jungen Bundesrepublik anzupassen.
Im Mittelpunkt steht dabei die Person von Franz Thedieck (1900-1995) einem Juristen, der als Mitglied der Zentrums-Partei in den zwanziger Jahren als Sonderbeauftragter des Preußischen Innenministeriums und in der NS-Zeit als Reichsbeauftragter die Volkstumspolitik in Eupen-Malmedy koordinierte. Während des Zweiten Weltkriegs amtierte er als Oberkriegsverwaltungsrat in der Brüsseler Militärverwaltung, wo er die Kulturpolitik mitbestimmte und die Beziehungen zum belgischen Hochklerus gewährleistete. 1943 wurde er wegen „Begünstigung katholischer Interessen“ entlassen und in die Wehrmacht eingezogen. Nach Kriegsende bemühte er sich um Aufnahme in die Kölner Stadtverwaltung, gehörte zu den Gründern der CDU und wurde 1949 Staatssekretär im Ministerium für Gesamtdeutsche Fragen. Nach seiner Pensionierung leitete er die Adenauer-Stiftung und den Deutschlandfunk.
Auf der Basis dieser Eckdaten geht der Vortrag der Frage nach, wie man Kontinuitäten und Brüche einer solchen Biographie in die deutsche (und belgische) Geschichte des 20. Jahrhundert einordnen kann.