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Abstract :
[de] Die deutschsprachigen Belgier betrachten ihre jüngere Geschichte zumeist aus der Perspektive einer Minderheit. Die Erinnerung an den Ersten Weltkrieg vor hundert Jahren bietet Christoph Brüll den Anlass, sich mit der damals wohl kleinsten Minderheit des deutschen Kaiserreiches zu befassen: den rund 10.000 „preußischen Wallonen“ im Kreis Malmedy. Der Vortrag fragt nach deren Identität im Kaiserreich, wo sie zu Kollateralopfern der gegen größere Minderheiten gerichteten Germanisierungspolitik wurden, woraus ein wallonischer Kulturpartikularismus an der deutsch-belgischen Grenze resultierte. Dabei wird auch die Offenheit dieser Grenze vor dem August 1914 deutlich, die durch intensive grenzüberschreitende soziale, wirtschaftliche und auch kulturelle Kontakte gekennzeichnet ist. Umso dramatischer wurde dort der Beginn des Ersten Weltkriegs empfunden. Die Haltung der Bevölkerung während dieses Kriegs ist jedoch von der Forschung bisher kaum in den Blick genommen worden. Der Prozess einer sich beschleunigenden Nationalisierung der kleinen Region und die Reaktion der Bevölkerung darauf werden anhand verschiedener Aspekte wie Militär, Kirche und Schule dargestellt. Der Vortrag geht auch auf die Erfahrung des Kriegsendes und der darauf folgenden Besatzungszeit durch britische Truppen, die im August 1919 von belgischen Soldaten abgelöst wurden, ein. Nicht zuletzt unternimmt er den Versuch, die Entwicklung der Jahre 1914-1920 nicht von ihrem Ende – d.h. aus der Sicht des Staatenwechsels von 1920 – zu betrachten, womit die Kriegs- und Nachkriegserfahrung der Bevölkerung in den Mittelpunkt der Betrachtung rückt .